WER PFEIFT DENN DA ?

Über eine populäre Schlagermelodie bei Bartók und Schostakowitsch

Im seinem „Konzert für Orchester“, schon im amerikanischen Exil geschrieben, beschwört der todkranke Béla Bartók  auf zweifache Weise noch einmal die Erinnerung an seine europäische Heimat: melancholische Puszta-Klänge erinnern in der "Elegie" an die Weiten Ungarns. Und ein derb unterbrochenes Intermezzo zeigt, wie leicht ein Idyll sich in ein Inferno verwandeln kann, wenn die falschen Gäste auf die Szene drängen.

Oft ist dieser erstaunliche Moment in diesem ausdrücklich "Unterbrochenes Intermezzo" benannten Satz kommentiert worden. Programmheft-Analysten schreiben gern, dass Bartók hier den Kollegen Dmitri Schostakowitsch zitiert, der in seiner damals neuen Siebenten Symphonie eine musikalische Durchhalteparole an die Menschen im eingekesselten Leningrad verfasst hat. Diese Siebente wurde aus politischen Gründen natürlich auch in den USA sogleich höchst populär; und der ungarische Kollege zitiert tatsächlich jene kleine Melodie, die in Schostakowitschs Werk als banales Klangsymbol für die deutschen Aggressoren dient.

Freilich: Was da so roh und ungeschlacht ins klangliche Arkadien hereinstürmt, ist keine Erfindung des russischen Symphonikers. Das wusste niemand besser als Bartók: Die frech pfeifende Schlagermelodie stammt nämlich aus der „Lustigen Witwe“, und die wiederum ist ein Werk von Bartóks Landsmann Franz Lehár . . .



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