WO HABEN DIE GEIGER IHRE PLÄTZE ?
Gehören die Violinen stereophon links und rechts vom Dirigenten platziert?
Solche Beispiele für Effekte, die schlechterdings unhörbar werden, wenn die Geigengruppen links vom Dirigenten hintereinander postiert sind, gibt es zuhauf. Tschaikowsky etwa hat im
Finale seiner „Pathétique“ einen geradezu halluzinatorischer Effekt komponiert:
Die Oberstimme scheint mehrmals pro Takt zwischen den beiden Seiten hin
und her zu schwanken. Ein
Verwirrspiel, das bei der zuletzt gewohnten Sitzordnung, bei der die
zweiten hinter den ersten Geigen zu sitzen kommen, überhaupt nicht hörbar würde!
Ehrenrettung der Zweiten Violinen
Die Wiederherstellung der klassischen Sitzordnung kommt einer Ehrenrettung der zweiten Violinen gleich, die in der Literatur eine viel bedeutendere Rolle spielen als es den Anschein haben mag. Wie oft beginnt Mahler etwa eine Entwicklung in den Sekundgeigen und lässt die ersten dann „übersingen“ – die melodische Führung wandert dann hörbar von rechts nach links, polyphone Strukturen werden für das Auditorium transparenter.
Interessanterweise hat sich in der Wiener Oper diese klassische Geigen-Stereotechnik bis heute erhalten. Wer in den Orchestergraben im Haus am Ring blickt, wird sie – abgesehen von „kleinen“ Mozart- oder Rossini-Besetzungen, bei denen die Bläser alle rechts zu sitzen kommen – in der Regel vorfinden. In Bayreuth, wo man das Orchester nicht sehen kann, mag manchem Neugierigen schon aufgefallen sein, dass die Violingruppen zwar ebenfalls getrennt sind, aber die Rollen tauschen. Das liegt an den akustischen Gegebenheiten des Festspielhauses: Rechts sitzend, sind die Primgeigen bevorzugt, weil sie quasi aus dem Schalldeckel heraus spielen, nicht in diesen hinein, also ,,zur Wand“. Der Dialog mit den Kollegen ,,von der anderen Seite“ bleibt freilich erhalten .